Anlässlich des LWB-Jubiläumsjahres 2022 blickten die Geschäftsführer der Steinl-Unternehmensgruppe, Peter Steinl und Reinhard Danzer, auf 60 Jahre Firmengeschichte zurück und schlossen mit einem Ausblick in die Zukunft.
Peter Steinl, der geschäftsführende Gesellschafter der Steinl-Gruppe (rechts) und Reinhard Danzer, Co-Geschäftsführer von LWB-Steinl und der STG-Stanztechnik
Redaktion: Herr Steinl, das Jahr 2022 war nicht nur ein K-Jahr, sondern auch ein Jubiläumsjahr für ihr Unternehmen. Es besteht bereits seit 60 Jahren.
Peter Steinl: Ja, es ist für mich, als Vertreter der zweiten Generation, bemerkenswert und erfüllt mich mit Stolz, dass wir bereits auf 60 Jahre Unternehmensgeschichte zurückblicken können. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass mein Vater, Alfred Steinl, 1962 in einem kleinen Dorf in der Nachbarschaft in der Schmiede seines Schwiegervaters mit Vorrichtungen und einfachen Dingen des täglichen Bedarfs begann. Da dieser Beginn noch in die Wirtschaftswunder-Zeit im Rahmen des deutschen Nachkriegs-Wiederaufbaus fiel, boten sich damals viele Chancen, die mein Vater als ausgebildeter Werkzeug- und Maschinenbauer mit großer Flexibilität und dem Mut, Neues anzugehen, zu nutzen wusste. Es ist die DNA unserer kontinuierlichen Entwicklung, die wir seither weiter pflegen.
Redaktion: Was würden Sie als den wichtigsten Meilenstein für die Unternehmensentwicklung sehen?
Peter Steinl: Die aus heutiger Sicht wichtigste und nachhaltigste Entscheidung meines Vaters war, 1972 in die Stanzfertigung von metallenen Endlos-Gerüstbändern für die Autoindustrie einzusteigen. Dabei handelt es um Gliederbänder, die in Gummiprofile eingeführt werden und in der Kombination als Türdichtungen in der Fahrzeugproduktion dienen. Der Hintergrund dieser Entscheidung war die Erkenntnis, ein ausgleichendes zweites Standbein neben dem oft zyklischen Maschinenbaugeschäft haben zu müssen. Und als gelernter Stanzwerkzeugbauer erschien ihm dafür das im Großen und Ganzen kontinuierliche Dichtungsgeschäft als die richtige Ergänzung. Daraus hat sich unsere heute größte Unternehmenssparte, die STG Stanztechnik GmbH, entwickelt.
Redaktion: Aber parallel zum 60-jährigen Bestandjubiläum gilt es noch eine zweite Jubiläumzahl zu erwähnen: 50 Jahre Gummimaschinenbau.
Peter Steinl: Ab 1968 war die Firma bereits groß genug, um auch von einigen arrivierten Großunternehmen als Zulieferpartner akzeptiert zu werden. So auch von den Münchener Metzeler-Gummiwerken, bei denen er parallel zu seinem Maschinenbaustudium als Konstrukteur gearbeitet hatte und daher dort bekannt war. Den Anfang machten Aufträge zum Bau von Anlagenteilen für Reifenaufbau-Maschinen und sogenannten „Batch-off-Anlagen“ zur Konfektion von kalandrierten Gummifellen. In der Folge wurde Alfred Steinl auch mit der Reparatur- und der Verbesserung von vorhandenen Gummi-Spritzgießmaschinen beauftragt. Dabei fiel er mit eigenen Ideen und Verbesserungen auf, die deren Leistung steigerten. Schließlich beauftragten uns die Metzeler-Gummiwerke ab 1972 mit dem Bau gesamter Maschinen, die wir nach unseren eigenen Entwürfen ausführen durften und die sich bewährten. 1972 markiert damit den Startpunkt unseres Gummimaschinenbaus.
Redaktion: Und durch einige richtungsweisende Innovationen von Alfred Steinl ist LWB auch bei der Gummi-Spritzgießtechnik zu den Marktführern aufgestiegen.
Peter Steinl: Korrekt. Den Anfang machte die Entwicklung einer speziellen Kombination aus Kolben-Einspritzeinheit und FIFO- Plastifizieraggregat, für die mein Vater 1988 das Patent erhalten hat. Deren Vorteil war und ist, dass der Einspritzzylinder bei jedem Zyklus komplett geleert wird, sodass keine Reste von anvulkanisiertem Material in den nächsten Spritzzyklus verschleppt werden, die zu Qualitätsbeeinträchtigungen im Fertigteil führen könnten. Die patentierte Aggregatkombination mit der Typenbezeichnung „E“ war in der Folge die Basis für eine Reihe weiterer Innovationen, wie die EF- oder die EFE-Aggregate. Bei letzterem dient der Einspritzkolben zusätzlich als einstellbare Kanaldrossel, durch die im vom Plastifizieraggregat kommenden Materialstrom gezielt die Materialtemperatur durch Scherungswärme erhöht werden kann, und zwar durch Variation des Kanaldurchmessers. Dies erhöht die Massetemperatur der Gummimischung unmittelbar vor dem Einspritzen, was gezielt zur deutlichen Verkürzung der Heizzeit genutzt werden kann.
Redaktion: Wo steht der LWB-Spritzgießmaschinenbau heute?
Peter Steinl: Mit rund 350 Maschinen pro Jahr liegen wir mengenmäßig in unserem Marktsegment zwar nicht ganz vorne, zählen aber zu den größten, wenn es um die Maschinengröße geht. Denn die Größen der LWB-Maschinen sind mit den Größen der Gummiteile stetig gewachsen, beispielsweise zur Produktion von über sechs Meter langen und über 100 kg schweren Pumpenstatoren oder großflächigen Gummimatten.
Aber unsere bisher größte Maschine war keine Gummimaschine, sondern eine Presse, die an einen innovativen Blechverarbeiter ging. Sie hatte 2,5 x 2,5 m große Aufspannplatten und eine Schließkraft von 19.000 kN (1.900 Tonnen). Mit 7,5 m Höhe, 4 m Breite und einem Gesamtgewicht von 171 Tonnen war sie schon eine Herausforderung für unsere Fertigung.
Als ebenso wichtigen Schritt würde ich über den Maschinenbau hinaus auch die 2015 erfolgte Gründung unserer Tochterfirma LWB-Automation ansehen. Durch sie konnten der Trend zur Automatisierung der Manipulation rund um das Spritzgießwerkzeug aufgenommen und Lösungen dafür angeboten werden.
Als unser größtes Plus in diesem Zusammenhang würde ich die volle Modularität unseres Maschinenprogramms sehen. Ob C-Rahmen-Schließeinheit mit der Schließbewegung von oben oder unten, vertikale Säulenpressen oder Schließeinheiten in Rahmen- oder Plattenbauweise, oder horizontale Holm-Schließeinheiten, kaum ein Kundenwunsch würde uns in Verlegenheit bringen.
Redaktion: LWB ist über all die Jahre ein Familienunternehmen geblieben. Wie war das möglich?
Peter Steinl: Möglich war das, weil mein Vater schon frühzeitig Aufgaben und Verantwortung an weitere Familienmitglieder abgegeben hat und diese dabei mit seiner Begeisterung angesteckt hat. So habe ich bereits 1992, nach meinem Kunststofftechnik-Studium Verkaufs- und Projektagenden übernommen und dann die Geschäftsführung zuerst neben meinem Vater und dann ganz übernommen. Zusätzlich ist Rainer Schmidt, der Gatte meiner leider viel zu früh verstorbenen Schwester als Prokurist im Unternehmen tätig. Darüber hinaus haben wir, um dem Wachstum vom LWB Steinl zur international aufgestellten LWB Machinery-Gruppe gerecht zu werden, unsere Geschäftsführung aus dem eigenen Mitarbeiterstab erweitert. So wurde Reinhard Danzer, der bereits seit 2007 im Unternehmen war und verschiedene kaufmännische Positionen innehatte, 2018 in die Geschäftsleitung aufgenommen.
Redaktion: Hr. Steinl, Sie haben gerade von LWB als international aufgestellter Firmengruppe gesprochen. Was ist darunter konkret zu verstehen?
Peter Steinl: Wie bereits vorher erwähnt, hat schon mein Vater erkannt, dass „nur auf einem Bein zu stehen“ langfristig keine Stabilität gewährleistet. Deshalb gibt es seit 1972 unsere Stanztechnik-Sparte. Daraus hat sich die 1998 gegründete Gruppenfirma „STG-Carrier GmbH“ entwickelt. Deren Produktionswerk befindet sich neben unserem Maschinenbau auf dem LWB-Firmenareal in Altdorf. Sie fungiert auch als Zentrale für deren aktuell acht Zweigwerke in Spanien, in den USA, Kanada, Mexiko, Brasilien und der VR China.
Reinhard Danzer: Parallel dazu ist insbesondere in den letzten 10 Jahren LWB Stück um Stück zu einer Firmengruppe mit sieben Unternehmen geworden, die in vier Sparten unterteilt sind.
Die gerade erwähnte Stanztechnik ist unsere größte Sparte. In ihrem spezifischen Marktsegment, der Automobil-Dichtungstechnik, zählt sie auch weltweit zu den Top-Fünf.
Danach kommt die Sparte Maschinenbau rund um den Spritzgießmaschinenbau in Altdorf / Landshut. Auch diese Sparte ist international aufgestellt. So haben wir 2014 zusammen mit dem französischen Branchenkollegen „Rep international“ in China ein Joint-Venture für Herstellung, Vertrieb und Service von Spritzgießmaschinen gegründet. Das Unternehmen mit dem Namen „United Rubber & Plastic Machinery (Langfang) Ltd.“, kurz URP, befindet sich in der Nähe von Peking und stellt speziell auf den chinesischen Markt abgestimmte Maschinen her. Derzeit sind das Klein- und Mittelmaschinen, die wir nach chinesischen Standards ausrüsten, während Großmaschinen nach wie vor aus Europa geliefert werden. Zusätzlich verfügen wir in China über ein dichtes Vertriebs- und Service-Netzwerk. Ein weiteres Gruppen-Unternehmen ist der italienische Gummi-Batch-off-Anlagenhersteller Prodicon Ind. Srl in Mailand, den wir 2016 übernommen haben.
Das jüngste Unternehmen der Maschinenbausparte ist die 2017 gegründete LWB-Automation GmbH in Weinheim / Baden Württemberg, das Handling- und Automationsprojekte mit dem Schwerpunkt in der Gummiteile-Produktion abwickelt.
Die dritte Sparte ist die Dicht- und Klebetechnik mit der Dreibond GmbH, die seit 2013 Teil der LWB-Gruppe ist. Sie entwickelt Klebstoffe und Applikations-Systemen dafür, vor allem für Automobil- und Flugzeughersteller.
Die vierte Sparte ist die Erzeugung von Biokunststoff-Compounds mit dem Unternehmen Biofibre GmbH in Altdorf und deren Tochterunternehmen Naftex GmbH in Wiesmoor / Niedersachsen. Dort haben wir 2011 mit der Entwicklung und der Produktion von Rohmaterialien aus nachwachsenden Bio-Rohstoffen in Kombination mit Verstärkungsstoffen aus Naturfasern begonnen.
Auch die beiden letztgenannten Sparten sind über Regionalbüros und Vertretungen in ihren wichtigsten Kundenmärkten aktiv.
Redaktion: Lassen Sie uns zum Abschluss noch einen Blick in die Zukunft wagen. Wohin geht die Reise für LWB aus Ihrer Sicht?
Reinhard Danzer: Wir wollen den Weg, den wir vor rund 10 Jahren eingeschlagen haben, weitergehen. Konkret bedeutet das den weiteren Ausbau unserer Firmengruppe um dazu passende Unternehmen. Unser Fokus bleibt dabei aber auf Deutschland und Europa gerichtet, denn die Lehre aus den aktuellen Krisen ist, dass lange Zeit als aussichtsreich geltende Weltregionen sich auch ins Gegenteil verkehren können.
Peter Steinl: Im technischen Bereich wollen wir unser Maschinebau-Angebot für Gummi- und Elastomer-Verarbeiter weiter ausbauen. Wir werden mit dem Fokus auf der Weiterentwicklung der Steuerungs- und Prozessregeltechnik die Gummiverarbeitung noch einfacher machen. Darüber hinaus erweitern wir unser Portfolio auch im Bereich der Kunststoffmaschinen und bieten alternative, vertikale Kunststofflösungen an. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Automatisierung der Entnahme- und Einlegevorgänge sein, mit der wir die Maschinenbediener entlasten können und Lösungen für den vielerorts drückenden Mangel an Produktionspersonal anbieten können. Im Großen und Ganzen sehen wir uns als Generalist für Gesamtprojekte, nicht nur als herkömmlicher Maschinenlieferant.
Redaktion: Besten Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.
Peter Steinl: Abschließend möchte ich mich noch bei allen Kunden und Freunden des Hauses für die langjährige Zusammenarbeit bedanken. Hinzufügen möchte ich noch, dass wir auch in Zukunft als Familienunternehmen allen unseren Kunden ein verlässlicher Partner bleiben wollen, der langfristig orientiert im gegenseitigen Interesse agiert.
Reinhard Danzer: Dem schließe ich mich vollinhaltlich an.
Pressekontakt
Christina Maniera – Marketing
E-Mail: christina.maniera@lwb.de.com
Autor:
Dipl.-Ing. Reinhard Bauer – TECHNOKOMM
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